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          ddm | Ausgabe2 | 2017
        
        
          Der komplette Fall
        
        
          Bereits 1984 beschrieben Gottlow et al., dass in Zusammenhangmit Implantatinsertionen und in
        
        
          horizontaler Hinsicht fehlendem Knochenangebot unter dem Schutz von Membranen eine gute
        
        
          knöcherne Regenerationbeobachtet wurde. Dagegen stellenbis heute vertikale Augmentationen
        
        
          bei ausgedehntenDefekteneinegroßeHerausforderung für denOperateur dar. Die auf demMarkt
        
        
          angebotenen Knochenersatzmaterialienunterscheiden sichnachdenHerstellungsmethodenoder
        
        
          Ursprungsgeweben, was auchderenosteokonduktiveEigenschaftenbeeinflusst (Lorenz et al. 2014,
        
        
          Ghanaati et al. 2013, Barbecket al. 2014).
        
        
          Je nach Einsatz von Knochenersatzmaterial kann die körpereigene Knochenentnahme, zumindest
        
        
          inBlockform, vermiedenwerden, Knochenspäne, diemittels feiner Schaber oder Bohrer gewonnen
        
        
          werden, genügen. DamitwirdeineZweitentnahmeoperation für denPatientenvermiedenunddie-
        
        
          ser nicht belastet. Der Einsatz von Knochenersatzmaterialien ist jedoch volumenmäßig limitiert, da
        
        
          osteoinduktiveFähigkeiten fehlen. SoberichtenLorenzet al. 2016über die zusätzlicheVerwendung
        
        
          von Platelet-Rich-Fibrin (PRF) als ein Konzentrat von autologemperipher-venösem Blut, das seinen
        
        
          Einsatz inder FörderungderWundheilungundGeweberegenerationbei augmentativenVerfahren
        
        
          findet.
        
        
          Wir sind bei gleichem Ziel einen anderen Weg gegangen und haben die biologisch günstigen
        
        
          EigenschaftenvonHyaluronsäure inunsereDienstegestellt.
        
        
          
            Aufbau,WirkungsprinzipundEigenschaftenvonHyaluronsäure
          
        
        
          Hyaluronsäure (SynonymHyaluronan) ist einphysiologischer, extrazellulärer, ubiquitärer Bestandteil
        
        
          des Bindegewebes in der Mundschleimhaut und vor allem der Gingiva [Cortivo et al. 1986, Tammi
        
        
          et al. 1990]. Der Nachweis vonHyaluronsäure im Ligamentumparodontaleunddemumgebenden
        
        
          GewebedesParodontium zeigtderen strukturelleBedeutsamkeit [Schultz-Haudt et al. 1964, Bartold
        
        
          et al. 1981 und Bartold et al. 1984]. Hyaluronsäure gehört zu denMukopolysacchariden undbefin-
        
        
          det sich im Extrazellularraum als interstitielle Grundsubstanz. Hyaluronan ist ein simples Biopoly-
        
        
          mer, bestehend aus D-Glukuronsäure (Uronsäure) und dem Aminozucker N-Acetyl-D-Glukosamin.
        
        
          Über dieVerknüpfungder Zuckerringedurchβ-(1–3)- undβ-(1–4)-glykosidischeBindungen anden
        
        
          oxygenierten Atomen, entstehen unverzweigte Disaccharideinheiten, welche zueinander um 180°
        
        
          rotiert angeordnet sind [Scott et al. 1984, Scott et al. 1996]. DasGerüst derHyaluronsäurewirddabei
        
        
          durch interneWasserstoffbrückenbindungen stabilisiert.
        
        
          Das Wirkungsprinzip der Hyaluronsäure liegt unter anderem in den unterschiedlichen Formen
        
        
          begründet, die diese annehmen kann. In wässriger Umgebung kommt es infolge einer sponta-
        
        
          nen Aggregation der Hyaluronsäureketten (Sekundärstruktur) zur Entstehung dreidimensionaler
        
        
          Maschennetzwerke (Tertiärstruktur) mit entsprechender Volumenzunahme. Zusammenmit ande-
        
        
          renGlykosaminoglykanenbildet dieHyaluronsäureeinProteoglycangel, indas zelluläreundfibröse
        
        
          Komponenten eingebettet sind [Bartold 1982]. Zellen mit spezifischen Bindungsstellen (CD44-
        
        
          Rezeptoren) sind in der Lage, großeHyaluronsäurenetzwerke um sich zu verankern, wodurch eine
        
        
          HülleausHyaluronsäureentstehen kann, die sogenannteHalo [Scott 1992)].
        
        
          Hyaluronsäure besitzt eine regulierende Funktion bei der Organisation der extrazellulären Matrix
        
        
          und ihrer Bestandteile [StamenkovicundAruffo1994].Dabei bildetdasHyaluronsäurenetzwerkeine
        
        
          der Voraussetzungen für den Stoffaustausch und dient als Barriere gegen das Eindringen fremder
        
        
          Substanzen. Aufgrunddes komprimiertenMaschennetzwerkes fungiert Hyaluronan als eineArt Fil-
        
        
          ter („Siebeffekt“) und immobilisiert dadurchgrößere Partikel [Comper und Laurent 1978]. Durchdie
        
        
          Bildung sogenannterprotektiverHalos könnenZellenvor lysosomalenAbbauprozessenundHydro-
        
        
          xylradikalengeschütztwerden [Presti undScott1994].DieseperizellulärenHüllenausHyaluronsäure
        
        
          dienen verschiedenen Zelltypen als Schutz vor äußeren viralen undbakteriellen Einflüssen [Patter-
        
        
          sonet al. 1975, Laurent et al. 1992].