ddm | Ausgabe1 | 2017
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ABRE§
Da gibt es nun also ein neues Strafrecht. Es bezieht sich auf Fra-
gen, die indiesenBereichen schonbislang teilweisenicht eindeu-
tig entschiedenwaren. Unddas neue Strafrecht bietet hier keine
Lösung an. Vielmehr sollen nun Strafgerichte über bislang unge-
löste Fragen entscheiden. Zuvor finden Gerichtsverhandlungen
mit Staatsanwaltschaft und Strafverteidigung statt. Und bei den
Staatsanwaltschaftenwiederumgibt es bundesweit kaum Exper-
ten für den speziellen Bereich des Gesundheitswesens. Dieser
Rechtsbereich ist komplex undbesteht aus etlichen Einzelrechts-
gebieten. Bislang bestand nur eine Strafbarkeit für Angestellte
undBeamtete (§299StGB).
DasneueStrafrechtwirft zugleichvieleungeklärteFragenauf. Da
dürfen auch anwaltliche Beratermal irren. Anders formuliert:Wer
sich als Zahnarzt beraten lässt und irrt, weil der Berater irrt, hat
beste Chancen, nicht strafrechtlich zur Verantwortung gezogen
zuwerden (unvermeidbarer Verbotsirrtum).
Vor dem neuen Antikorruptionsgesetz kannman sich nicht ver-
kriechen. Man kann auch nicht herumtricksen. Einige taten dies
bislang, weil bisher unterschiedliche Handlungen bereits verbo-
tenwaren. Dasgeht nichtmehr. Damitmussman sichabfinden.
Und zugleich gilt das Folgende: Das was bisher immer zulässig
war, wird durch das Strafgesetz, das neue Antikorruptionsgesetz,
nichtverboten.Nahezualles,was jetztunter Strafe steht,war auch
bislang schon verboten. ZumBeispiel in§7desHeilmittelwerbe-
gesetzes. Zwischen diesem und den Vorgaben der §§ 299a und
299bStGBbesteht künftigmöglicherweiseKonfliktpotenzial.
2. ErsteVerhaltensbeobachtung zum
Antikorruptionsgesetz
Die neuen Stars auf ärztlichen und zahnärztlichen Vortrags-
veranstaltungen sind die Staatsanwälte. Demgegenüber gibt
es auf Seiten der Industrie Verhaltensänderungen. Die Roche
Diabetes Care Deutschland GmbH gibt ihre Blutzuckermess-
gerätenichtmehr kostenlos anPraxenundKlinikenab.Marketing
undVertriebwerden künftiganders verlaufen.
Es ist zubeobachten, dasseinigeÄrztemitdemFinger auf andere
zeigen, freinachdemMotto:deroderdiedasinddochviel schlim-
mer. Problematisch ist auchdasVerhältnis zwischenZahnarztpra-
xenundDentallaboren. Auchauf steuerlicher Ebenewirdesheiß.
SokönnteeinemBetriebsprüfer ein „Vorteil“ imSinneder §§299a,
299bStGBauffallen.DannkanndieAbzugsfähigkeit vonBetriebs-
ausgabenentfallen.Abereskommtetwasviel Schlimmereshinzu:
DiePflichtder Finanzämter, dieStaatsanwaltschaft zu informieren
(§4Abs. 5Nr. 10EStG).
Man kannesdarauf ankommen lassen. Dannallerdingsgehtman
das Risikoein, Rechtsfragenvor denStrafgerichten zudiskutieren.
Esmachtmehr Spaß, soetwasalsBeobachter zuverfolgen.Weni-
ger Freudebereitet es, auf derAnklagebank zu sitzen.
3. Risiken infolgedesAntikorruptionsgesetzes
In der allgemeinen Beratungspraxis werden wir oft gefragt, wie
denn der Inhalt von Absprachen, von Gesprächen, wie das For-
dern/Anbieten/Gewähren überhaupt ans Tageslicht kommen
solle?Das ist relativeinfach.
Dabei kommt esdarauf an, obeinVorteil und für dieseneineGegenleistunggewährtwird. Diese zweiseitigeBeziehungmuss zudem
jemanden imWettbewerb inunlautererWeisebevorzugen. Ist das der Fall, liegendie Voraussetzungen für eine Strafbarkeit vor. Dies
sei durchdenWortlaut der §§299aund299bStGBdeutlichgemacht: