ddm Ausgabe 3 | 2022

ddm | Ausgabe 3 | 2022 59 Fortbildung schablonen, Präparationsguides und Eierschalenprovisorien lassen sich technische wie klinische Arbeitsschritte erheblich vereinfachen. Grundvoraussetzung für den digitalen Erfolg ist jedoch fun- diertes analoges Wissen, ohne das die digitale Arbeitsweise schnell zum Fluch wird. Diese Meinung teilt unter anderem Denturist Urban Christen. In seinem Vortrag „Totalprothetik 2.0“ unterstrich er, wie sehr der Erfolg der digitalen Prothesenherstellung von den analogen Schritten wie der detaillier- ten Abformung mit retromolaren Polstern, der korrekten Registrierung am Patienten und der sorg- fältigen Modellanalyse abhängt. Er hielt zudem ein Plädoyer dafür, die skelettale Klasse so zu rehabi- litieren, wie sie ist. ZT Jens Richter wählte sogar seinen Vortragstitel dieser Philosophie entsprechend. In „Digitales Handeln erfordert analoges Wissen“ berichtete er von seiner Arbeit mit dem CAD/CAM- System seiner Wahl und stellte einen neuen 3D-Drucker vor, bei dessen Einsatz der Anwender vor einem Kontakt mit den Materialien geschützt ist. Als Gamechanger sieht er die Postprocessing Unit des Systems (Primeprint, Dentsply Sirona) an. Sie ist mit Stickstoff betrieben, wäscht Elemente in Isopropanol und härtet sie anschließend aus. Dass das Postprocessing die Biokompatibilität und mechanischen Eigenschaften eines gedruckten Objekts entscheidend beeinflusst, bestätigte Dr.-Ing. Franziska Schmidt in „Eine werkstoffkundliche Betrachtung des 3D-Drucks für die Zahnmedizin“. Sie zeigte, welchen Einfluss Anwender auf die Druckzeit und Druckqualität nehmen können. Durch Anpassung der Schichtstärke und Druckrich- tung lassen sich aktuellen Studien zufolge die Oberflächenstruktur, die Rauheit und die mechani- schen Eigenschaften des Bauteils steuern. Je nach Druckverfahren – SLA oder DLP – fallen die Ergeb- nisse allerdings unterschiedlich aus. Doch wofür eignet sich der 3D-Druck eigentlich im Laboralltag? ZTM Roland Binder druckt erfolg- reich Aufbissschienen, die gegenüber herkömmlichen Schienen Vorteile in Sachen Tragekomfort, Passung und Geschmacksneutralität bieten. Zudem hat er einen speziellen Workflow zur Proviso- rienherstellung etabliert, bei dem er das Provisorium auf Grundlage einer digitalen Abformung im Labor konstruiert. Gedruckt wird anschließend in der Zahnarztpraxis zur sofortigen Verwendung. ZTM Christof Hafermann (Abb. 7) hat sich hingegen der Herausforderung gestellt, so viel 3D-Druck wie möglich in einen Workflow zur Herstellung einer Teleskopprothese zu integrieren. Unter Ein- satz des Digital Light Processing (DLP) wurden die Planungs- und Situations- sowie Meister- und Gegenbissmodelle, ein individueller Abformlöffel und Ersatzzähne sowie Verblendschalen gedruckt. Ebenfalls additiv gefertigt wurden die Primärkronen sowie die Sekundärstruktur. Hierbei kam das selektive Laserschmelzen (SLM) zum Einsatz. Konventionelle Arbeitsschritte wurden einzig für das Opakern des Gerüstes, das Verkleben der Verblendschalen mit dem Gerüst und den Aufbau des Gingivaanteils eingesetzt. ZTM Andreas Leimbach (Abb. 8), dessen Vortrag „Teleskoptechnik 2.0“ zum besten Vortrag 2022 gekürt wurde, nutzt den 3D-Druck auf andere Weise. Er präsentierte einen Workflow, bei dem er den 3D-Druck im Rahmen der Injektionstechnik verwendet. Auf Grundlage eines taktilen Scans konstru- iert er Vollanatomie und Gerüst. Während das Gerüst im Fertigungszentrum hergestellt wird, nutzt er die gedruckte Vollanatomie mit hineingeplantem Gerüst für die Herstellung einer Hohlform, in die Komposit injiziert wird. Digitale Funktionsdiagnostik Die digitale Funktionsdiagnostik ist inzwischen Bestandteil vieler digitaler Workflows in der Zahn- heilkunde. Doch wofür eignet sie sich genau und wie exakt lassen sich auch dynamische Kontakte darstellen? Der Beantwortung dieser Frage widmete sich Prof. Dr. Bernd Kordaß. Er zeigte, wie es mithilfe der digitalen instrumentellen Okklusionsanalyse möglich ist, die statische und dynamische Okklusion darzustellen und zu analysieren. Ein ausgeglichenes okklusales Kontaktmuster lässt sich ihm zufolge dadurch erzielen, dass die habituelle Interkuspidation mehrfach eingenommen und Abb. 8: Bester Vortrag 2022: ZTM Andreas Leimbach.

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