ddm Ausgabe 2 | 2021

34 ddm | Ausgabe 2 | 2021 ABRE§ Der Gesundheitsmarkt erlebt in seiner Arbeitsweise einen der größten Umbrüche. Digitale Technologien finden mehr und mehr Zugang in die Praxen, sodass die Akteure imGesundheitsmarkt umdenken und sich neu orientieren müssen. Überdies ist es in diesen Zeiten erforderlich, nicht zum zeitweiligen Stillstand gezwungen sein, sondern auch in der Praxis neue Wege zu gehen. Für den Gesundheitssektor heißt das u. a., dass die Videosprech- stunde an Fahrt aufgenommen und einen ordentlichen Schub bekommen hat. Fast 1,2 Millionen Mal konsultierten Patienten im zweiten Quartal 2020 einen Arzt oder Psychotherapeuten per Videosprechstunde. Wir gehen davon aus, dass sich dieser Trend auch bei den Zahnärzten fortsetzen wird und nicht nur in Zeiten von social distancing zahlreiche Mehrwerte bieten kann. Wie wird die Videosprechstunde rechtlich eingeordnet? Für Ärzte ist die Videosprechstunde als Teil der Telemedizin gesetzlich verankert und kann als Kassenleistung abgerechnet werden. Seit einiger Zeit darf auch der Erstkontakt virtuell erfol- gen und das Verbot der ausschließlichen Fernbehandlung wurde innerhalb der MBO gelockert. Im Zuge von Corona gab es für das 2. Quartal 2020 auch keine Mengenbeschränkung für die Video- sprechstunde, sodass nicht mehr bloß 20 % der Patienten im Quartal im Rahmen der Videosprechstunde behandelt und abge- rechnet werden durften. Um das Potenzial der Telemedizin künftig noch stärker zu nutzen, können auch Zahnärztinnen und Zahnärzte seit dem 1. Oktober 2020 neue Leistungen in der vertragszahnärztlichen Versorgung erbringen. Darauf haben sich KZBV und der GKV-Spitzenverband geeinigt. Die Übereinkunft sieht die Aufnahme von Videosprech- stunden, Videofallkonferenzen, Telekonsilien sowie eines Technik- zuschlages in dem Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leis- tungen (BEMA) vor. Hinter der BEMA Nummer 182 wurden die Gebührennummern VS und VSK in den BEMA-Teil 1 aufgenom- men, die BEMA Nummern 181 und 182 wurden angepasst. Mit den aktuellen Regelungen ist allerdings die Abrechenbarkeit der Videosprechstunde (VS) im zahnärztlichen GKV-Bereich nur bei einer eingeschränkten Patientengruppe in der Praxis möglich. Update Digitalisierung Videosprechstunde in der Zahnarztpraxis? Christian Erbacher Ob und inwieweit eine Anpassung in Richtung der ärztlichen Leis- tungen erfolgt, bleibt abzuwarten, wenn auch Martin Hendges, stellvertretender Vorstand der KZBV meint: „Weitere mögliche Szenarien wären in der Nachkontrolle einer umfangreicheren Behandlung sowie in der Erörterung anstehender prothetischer Planungen zu sehen.“ Bei vorausschauender und reflektierter Betrachtung der Patientenfälle des letzten Jahres und unter Berücksichtigung der zukünftigen Praxisausrichtung / -entwick- lung ist es nun möglich, sich strategisch und digital aufzustellen. Welche Vorteile hat die Videosprechstunde? Ob Aufklärungs- oder Beratungsgespräch, Erstbegutachtung, Zweitmeinungen oder Besprechung von Heil- und Kostenplänen – die Videosprechstunde ist für viele zahnmedizinische Anwen- dungsfälle geeignet. Auch Online-Fallbesprechungen unter Betei- ligung eines Zahntechnikers sind denkbar. Auch wenn hier noch keine Einigungen im GKV-Bereich getroffen wurden, so bleiben die privaten Leistungen davon unberührt. Für den Zahnarzt, der sich für die Videosprechstunde in seiner Praxis entscheidet, ist es beispielsweise ein Vorteil, dass schon per Videosprechstunde Patienten nach ihrer Behandlungsdring- lichkeit selektiert werden können. Es kann virtuell besprochen werden, ob der Patient akut behandelt werden muss und prio- risiert werden sollte oder ob ein Vorstellen in ein paar Tagen aus- reichend ist. So kann der Patient beispielsweise auch aus dem Urlaub oder auf der Geschäftsreise seinen Zahnarzt konsultieren. Eine Einschätzung kann durch die Kombination aus Hören sowie Sehen von Mimik und Körperhaltung besser erfolgen als allein aus dem Herauslesen in der Stimme des Patienten. Der nächste Vorteil ist, dass Patient und Praxisteam wertvolle Zeit und Aufwand einsparen können. HKP-Besprechungen können erfolgreich durch die Videosprechstunde durchgeführt werden, weil der Patient hierfür nicht extra in die Praxis kommen muss. Er spart sich Wegezeit und Wegekosten und kann eine Beratung beispielsweise auch während seiner Arbeitspause einschieben, ohne dadurch den Stadtverkehr oder noch weitere Anfahrten in Kauf nehmen zu müssen. Zudem können Patienten aus dem weiter entfernten Umkreis akquiriert werden, die für eine aufwen- dige Behandlung einen Spezialisten suchen. Der Erstkontakt zum Spezialisten kann virtuell erfolgen, was für die Praxis neues Patien- tenklientel bedeuten kann.

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