ddm Ausgabe 3 | 2020

ddm | Ausgabe 3 | 2020 30 ABRE§ Negative Bewertungen – sei es auf Google, Jameda & Co. – sind lästig und sorgen für einen schlechten Ruf des Bewerteten. Auf der anderen Seite ist natürlich die Meinungsfreiheit des Bewer- tenden zu beachten. Es stellt sich also eine nicht ganz leichte Abwägungsfrage. An dieser Stelle sollen deshalb die rechtlichen Fallstricke im Umgang mit Google etwas näher dargestellt wer- den. Von der Rechtsprechung als Informationsmittler anerkannt Zunächst einmal ist es so, dass ein „Ärztebewertungsportal eine von der Rechtsordnung gebilligte und gesellschaftlich erwünschte Funktion erfülle, sofern die Betreiberin als neutraler Informationsmittler auftrete“ (vgl. hierzu das Urteil des OLG Frank- furt a. M. vom 30.04.2020, Az.: 16 U 218/18). So weit so gut – das heißt übersetzt: Solange Jameda, Sanego, DocInsider und Google & Co. ihre objektive Stellung nicht verlassen, unterstehen sie dem Schutz der Meinungsfreiheit. Aus der Stellung als Informationsmittler resultiert, dass der Zahn- arzt auch keinen Anspruch auf vollständige Löschung seines Profils hat. Die Rechtsprechung hat hier entschieden, dass eine Löschung der Basisdaten des Zahnarztes nicht möglich ist, da ein Arztbewertungsportal eben eine gesellschaftlich erwünschte Funktion erfüllt. Die Abwägung fällt somit zu Gunsten der Mei- nungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) und gegen die Interessen der betroffenen Zahnärzte aus. Solange sich die Bewertungen inner- halb der Meinungsfreiheit bewegen und nicht diffamierend, also beleidigenden Charakter haben, oder objektiv unwahr sind, muss dies durch den Zahnarzt erst einmal so hingenommen werden. Und was nun? Diese Ausführungen zeigen, dass eine Negativbewertung – solange sie die Grenze zur reinen Schmähkritik nicht überschreitet – eine Existenzberechtigung hat. In einem ersten Schritt ist eine negative Bewertung deshalb darauf zu prüfen, ob sie diffamie- rende Wirkung hat oder ob sie Ausfluss der verfassungsrechtlich geschützten Meinungsfreiheit ist. Während unwahre Tatsachen- behauptungen (also Geschehnisse, die einem Beweis zugänglich sind und mit wahr oder falsch eingestuft werden können) zu entfernen sind, müssen subjektive Meinungsäußerungen grund- sätzlich hingenommen werden. In einem zweiten Schritt ist zu überlegen, ob ein Löschantrag sinnvoll erscheint oder ob z. B. eine öffentliche Kommentierung der Bewertung eine praktikable Alternative darstellt. Gegebenenfalls ist auch eine kumulierte Vor- gehensweise sinnvoll, wobei natürlich tunlichst darauf zu achten ist, die ärztliche Verschwiegenheitsverpflichtung zu wahren. Welcher Weg eingeschlagen werden soll, richtet sich vor allem nach dem Inhalt der Bewertung und was dieser entgegengehal- ten werden kann oder z. B. danach, ob der Bewertende überhaupt Patient der Praxis war. Denn bei dem fehlenden Nachweis eines Patientenkontaktes besteht immer ein Anspruch auf Löschung der Bewertung. Empfehlung Einen Königsweg gibt es nicht. Es muss von Fall zu Fall entschie- den werden, ob ein Vorgehen gegen eine Bewertung sinnhaft ist oder nicht. Ein ordentlich begründetet Löschantrag ist erfah- rungsgemäß sehr hilfreich und zwingt die Bewertungsplattform dazu, sich aktiv mit der Angelegenheit auseinanderzusetzen. Auf jeden Fall sollte das Google-Profil regelmäßig auf neue Bewertun- gen überprüft werden, um zu vermeiden, dass negative Bewer- tungen „unbearbeitet“ im Netz öffentlich sichtbar sind und somit der Praxisreputation nachhaltig schaden. Der Zahnarzt und die Google-Bewertungen Christian Erbacher Christian Erbacher, LL.M. Christian Erbacher hat sich seit Beginn seiner anwaltlichen Tätigkeit auf Medizinrecht spezialisiert und übernimmt hierbei die gerichtliche sowie außergerichtliche Vertretung von medizinischen Leistungserbrin- gern, insbesondere von niedergelas- senen Zahnärzten und Ärzten. Er ist auf den Gebieten des Gesellschafts- rechts unter Beachtung der vertrags- (zahn)ärztlichen Besonderheiten sowie des Berufsrechts tätig und berät bei der rechtlichen Umsetzung von (zahn-)ärztlichen Kooperatio- nen bis hin zu (Z-)MVZ-Gründungen. Überdies berät er in allen Fragen zu E-Health, Telemedizin und mobiler Gesundheit. Kontakt: Lyck+Pätzold. healthcare.recht Nehringstr. 2 D-61352 Bad Homburg Tel. +49 (0)6172 / 13 99 60 kanzlei@medizinanwaelte.de www.medizinanwaelte.de

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