ddm Ausgabe 2 | 2019

ddm | Ausgabe 2 | 2019 44 ABRE§ Hinweise zur datenschutzgerechten Übergabe der Patientenakten Angelika Enderle Gibt ein Zahnarzt seine Praxis auf oder beendet seine Tätigkeit, so stellt sich die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die vorhandenen Patientenakten vom Nachfolger übernommen werden dürfen. Häufig wird übersehen, dass ein Praxisverkauf hinsichtlich der ärztlichen Schweigepflicht schwierige rechtliche Fragen aufwirft, denn Grundlage für die Vertrauensbeziehung zwischen Patienten und Zahnarzt ist die Pflicht zur Verschwiegenheit. In seinem Grundsatzurteil vom 10.07.1991 (Az.: VIII ZR 296/90) hat der Bundesgerichtshof (BGH) dazu entschieden, dass die Abtre- tung ärztlicher Honorarforderungen wegen Verletzung der ärztli- chen Schweigepflicht nichtig ist, wenn der Patient der Weitergabe seiner Daten nicht zugestimmt hat. Nach Feststellung des BGH können nur die Behandlungsunterlagen weitergegeben werden, deren Patienten „eindeutig und unmissverständlich“ zugestimmt haben. Eine mündliche bzw. formularmäßige Einwilligung für eine irgendwann stattfindende Übergabe, vorherige Hinweise auf den Praxisübergang (z. B. mittels Schildes, Tagespresse) sind nicht aus- reichend. Hinsichtlich des Übergabeverfahrens bestehen folgende Möglichkeiten: Gelingt es, das ausdrückliche Einverständnis aller Patienten zur Übergabe der Patientenkartei an Ihren bereits feststehenden Pra- xisnachfolger einzuholen, so können die entsprechenden Unterla- gen problemlos in die laufende Kartei des Praxisnachfolgers über- nommen werden. In der praktischen Abwicklung ist diese Vari- ante aufgrund des damit verbundenen hohen organisatorischen Aufwands sowie den Unwägbarkeiten von Nachbesetzungsver- fahren die Ausnahme. Manuell geführte Patientenkarteien In der Praxis hat sich daher das so genannte Zwei-Schrank-Modell bewährt. Danach schließt der Abgeber mit dem Übernehmer neben dem Praxiskaufvertrag einen Verwahrungsvertrag (§§ 688 ff. BGB) über die Patientenunterlagen. Hierdurch wird der Praxis- übernehmer verpflichtet, die Alt-Kartei getrennt unter Verschluss zu halten und Einsicht nur dann zu nehmen, wenn der jeweilige Patient seine ausdrückliche Einwilligung erteilt hat. Mit der Einwil- ligung des Patienten geht das Eigentum an der jeweiligen Pati- entenkartei dann auf den Erwerber über. Entsprechend wird ver- fahren, wenn die Kartei nur mittels EDV erfasst ist. Aus der „alten“ Datei dürfen die Daten ebenso nur nach Zustimmung des Patien- ten in die EDV des Praxisübernehmers übertragen werden. Ein solches Verwahrungsverhältnis trägt auch den Regelungen der zahnärztlichen Berufsordnung Rechnung, wonach der Zahn- arzt, dem bei einer Praxisaufgabe oder -übergabe zahnärztliche Aufzeichnungen über Patienten in Obhut gegeben werden, diese Aufzeichnungen getrennt von den eigenen Unterlagen unter Ver- schluss halten muss und sie nur mit ausdrücklicher Einwilligung des Patienten einsehen oder weitergeben darf (vgl. § 12 Abs. 5 S. 2 MBO). Elektronisch geführte Behandlungsdokumentationen Nach § 4a des Bundesdatenschutzgesetzes bedarf auch der Zugriff auf eine elektronisch archivierte Patientenkartei einer schriftlichen Einwilligung des betroffenen Patienten. Insoweit ist bei elektronisch geführten Patientendaten der alte Bestand zu sperren und der Zugriff (z. B. mittels Passwortes) zu sichern. Für einen erstmaligen Zugriff auf einen Patientendatensatz durch den Praxisnachfolger ist die Zustimmung der Patientin bzw. des Pati- enten erforderlich. Liegt diese vor, so darf insoweit der Datensatz vom Nachfolger freigeschaltet und weitergenutzt werden. Vorgaben bezüglich der Form der Einwilligungserklärung des Pati- enten finden sich im Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), wonach die auf der freien Entscheidung des Betroffenen beruhende Ein- willigung der Schriftform bedarf, soweit nicht wegen besonderer Umstände eine andere Form angemessen ist (§ 4a Absatz 1 Satz 3 BDSG). In Anbetracht dieser Formulierung könnte es im Sinne eines besonderen Umstands auch ohne schriftliche Einwilligung ausreichend sein, wenn der Patient sich dem Übernehmer (durch schlüssiges Verhalten) zur ärztlichen Behandlung anvertraut. Gleichwohl sollte auch in diesem Fall die dadurch zum Ausdruck kommende Einwilligungserklärung des Patienten schriftlich doku-

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