ddm Ausgabe 5 | 2018

43 ddm | Ausgabe 5 | 2018 ABRE§ Oftmals könne ein anderer Zahnarzt auf Leistungen des Erstbe- handlers aufbauen. Vielfach könne man gefertigten Zahnersatz auch nachbessern. Allerdings müsse die Weiterverwendung der fehlerhaften Leistung für Patienten auch zumutbar sein. Das sei allerdings nur der Fall, wenn die Lösung im Wesentlichen mit den Regeln der zahnärztlichen Kunst vereinbar sei. Gemessen hieran sei die Entscheidung des OLG fehlerhaft. Die weitere Verwendung der implantologischen Leistungen sei gerade keine Option. Denn nach dem Ergebnis der Beweisauf- nahme hätte man nur zwischen zwei gleich großen Übeln wäh- len können. Das sei in den Vorinstanzen gutachterlichen bestätigt worden. Für die beklagte Patientin gäbe es keine zumutbare Behandlungs- variante. Denn alle Varianten würden nicht hinreichend sicher zu einem Ergebnis führen, das im Wesentlichen den Regeln der zahnärztlichen Kunst entspreche. Die Lage der Implantate sei nicht durch Nachbehandlungsmaß- nahmen zu korrigieren. Bei Beibehaltung der fehlerhaft positio- nierten Implantate bestehe mittel- oder langfristig ein erhöhtes Verlustrisiko durch eine Periimplantitis. Es sei der Patientin daher auch nicht zuzumuten, zumindest einzelne Implantate weiter- zuverwenden. Denn dann müsse sie das mit deren fehlerhafter Positionierung untrennbar verbundene erhöhte Entzündungsri- siko jahrelang hinnehmen. Bei einer Entfernung der Implantate bestehe hingegen das Risiko eines erheblichen Knochendefektes e. Außerdem sei unsicher, ob das neue Implantat wieder ausrei- chend befestigt werden könne. Soweit die Klägerin überdies für die nicht indizierte unnötige Ver- sorgung mit Keramik-Inlays und die unsachgemäße Anwendung eines Präparats zur Parodontosebehandlung ein Honorar bean- spruche, müsse die Beklagte keine Vergütung entrichten. Denn ihr stehe insoweit ein Schadensersatzanspruch zu, nach dem sie von der Vergütungspflicht zu befreien sei. Nun, so der BGH, muss das OLG bestimmte Positionen aus der Honorarrechnung ermitteln, die nicht nutzlose Leistungen betref- fen. Diese müsse die Patientin bezahlen. Darüber hinaus seien ergänzende Feststellungen zu einer behaupteten Gebührenver- einbarung zu treffen. Kommentar Die jeweiligen gerichtlichen Entscheidungen wurden noch nicht veröffentlicht. Bislang liegt lediglich die Pressemitteilung des Bun- desgerichtshofes vor. Ausgehend von den dort mitgeteilten Infor- mationen kann das Urteil rechtlich nicht beanstandet werden. Doch das Urteil zeigt lediglich auf, was mit dem zahnärztlichen Honoraranspruch geschieht, wenn ein Patient die Behandlung abbricht. Auch nicht neu ist, dass der Patient jederzeit die Behandlung abbrechen darf. Patienten haben Anspruch auf eine freie Zahn- arztwahl. Damit korrespondiert auch eine weitreichende Kündi- gungsmöglichkeit: Der Patient braucht nur einen anderen Zahn- arzt aufzusuchen. Wenn ein Patient den Zahnarzt wechselt, steht dem Erstbehandler durchaus ein Vergütungsanspruch zu. Dieser kann sich natürlich nur auf die bisher erbrachten zahnärztlichen Leistungen bezie- hen. Der Zahlungsanspruch kann aber nicht ohne Ausnahme bestehen. Hat sich der Zahnarzt vertragswidrig verhalten und (deshalb) der Patient kein Interesse an den bisherigen Leistungen, weil er diese nicht verwerten kann, dann kann kein Mensch mehr verstehen, warum ein Zahnarzt noch seine Vergütung erhalten sollte. Beim vorliegenden Fall gab es nicht einmal eine Grundlage, auf der ein Nachbehandler hätte aufbauen können. Die denkbaren Folgekomplikationen waren viel zu weitreichend. Vor diesem Hintergrund musste der BGH jedes Interesse der Patientin an der bisherigen implantologischen Versorgung verneinen. Dies war es, was das OLG nicht hinreichend bedacht hat. Im Grundsatz hat der BGH in klassischer Weise Rechtsgrundlagen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zugrunde gelegt. Er hat also nur geltendes Recht auf den vorliegenden Sachverhalt angewandt. Der BGH hat klassische Rechtsgrundsätze angewandt. Und das bedeutet, dass diese Rechtsgrundsätze nicht nur im Bereich der Implantologie von Bedeutung sind. Andere zahnärztliche Leistun- gen sind ebenfalls nach denselben Rechtsgrundsätzen zu bewer- ten. In der medizinrechtlichen Beratung erleben wir Fälle wie diesen häufiger. In aller Regel kommt es dann zu Entscheidungen, die der jetzigen des BGH sehr ähnlich sind, ohne dass allerdings erst die Instanzenkette durchlaufen werden muss. Kontakt: Dr. Daniel Gröschl Telefon: +49 (0) 211 / 758 488-28 groeschl@moellerpartner.de www.m-u-p.info Dr. Daniel Gröschl Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht bei Möller & Partner, eine der renommiertesten Anwalts- kanzleien für Medizinrecht in Deutschland

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