ddm Ausgabe 4 | 2018

ddm | Ausgabe 4 | 2018 51 Journal allen Möglichkeiten, die es gibt, wäre das am Ende unbezahlbar. Ich kann ja nicht für ein Implantat 3000,- Euro verlangen, nur weil ich die Technik, die dahinter steckt, bezahlen muss. Das ist immer eine Gratwanderung. Wie viel kann ich machen? Wie viel muss ich machen? Ich würde gerne noch viel mehr Innovationen nutzen, als wir das eigentlich im Moment tun. Welcher Fall aus Ihrer Praxis spiegelt den Einsatz innovativer Methoden in besonderem Maße wieder ? Der Fall eines Geschäftsmannes ist ein sehr gutes Beispiel für den sinnvollen Einsatz innovativer Technologien: Extremer Angstpatient, extremer Würger… für den aus beruflichen Gründen nur eine gaumenfreie Sofortversorgung in Frage kam. Zuerst wurde ein DVT erstellt um die Gesamtsituation zu erfassen. Anschließend wurden die virtuellen Modelle mittels eines Intraoralscans erstellt. Ebenso wurde ein virtuelles Wax-up designed. Diese einzelnen Komponenten wurden mit demDVT „gemat- ched“. Die weitere Planung erfolgte im Team, bestehend aus Prothetiker, Zahntechniker und Chirurg. Der Zahntechniker setzte schließlich die digitale Planung um, indem er die Modelle, die Bohrscha- blone und das Provisorium für die Sofortversorgung fertigte. Die Crux an diesem speziellen Fall ist tatsächlich die Erstellung der Bohrschablone: denn zum Zeitpunkt der Diagnostik und zu OP Beginn waren noch alle Zähne im Mund. Diese sollten aber alle extrahiert werden. Wir haben uns also pro Kiefer die drei stabilsten Zähne herausgesucht, diese auf dem gefertigten Modell belassen und die restlichen Zähne radiert, also ein zusätzliches virtuelles Modell eignes für die Bohrschablone gefer- tigt. Zu Beginn der OP wurden zunächst die radierten Zähne gezogen. Auf den verbliebenen drei Zähnen wurde die Bohrschablone abgestützt und zusätzlich mit Pins fixiert um einen sicheren Sitz zu garantieren. Anhand der Bohrschablone setzten wir die Implantate. Die restlichen drei Zähne pro Kiefer wurden anschließend gezogen und der Kieferkamm begradigt. Anschließend wurde vernäht und auf die prothetischen Aufbauteile, die Kamine, wurde das Provisorium verklebt. Als der Patient aus der Narkose aufwachte, hatte er seinen festen Zahnersatz in provisorischer Form, der sogar vom Biss her schon sehr gut passte. Nach der Einheilphase von ca. sechs Monaten wurde der provisori- sche gegen den definitiven Zahnersatz ausgetauscht... für den Patienten, der sich sehr gut betreut und aufgehoben fühlte, kein Problem mehr. Ohne die digitalen Möglichkeiten mittels DVT und Scans und das „Matchen“ am Computer wäre so eine umfangreiche Arbeit in der kurzen Zeit nicht möglich gewesen – und vor allem nicht chir- urgisch und prothetisch vorhersagbar. Alle Komponenten und Materialien waren schon vor der OP exakt definiert. Zahntechniker und Prothetiker saßen hier wirklich gemeinsam am Computer und planten mithilfe der Software Hand in Hand die einzelnen Schritte. Natürlich gibt es bei so komple- xen Fällen während der OP immer noch Variablen, die problematisch sein können. Jedoch haben wir mittlerweile ein Protokoll erstellt, das eine gewisse Vorhersagbarkeit erlaubt. Eine Sofortimplantation ist immer eine Hochrisikogeschichte, insbesondere auch bei Sofortbelastung. Der Patient muss ent- sprechend aufgeklärt und betreut werden, um Implantatverluste möglichst zu vermeiden. Ausblick: Oralchirurgie 3.0: Wohin geht die Reise? Was die Entwicklung angeht würde ich mir wünschen, dass für die Patienten noch individuellere Lösungen entwickelt werden. Individuell hergestellte Implantate gibt es ja schon. Also weniger prä- fabrizierte, sondern mehr patientenindividuell gefertigte Lösungen. Vielleicht können Implantate bald chairside gestaltet und direkt im Behandlungszimmer ausgedruckt oder gefräst werden. Auch im Bereich der Intraoralscanner darf gerne noch etwas mehr passieren. Zunächst benutzte man noch Puder. Viele funktionieren zwischenzeitlich puderfrei. Und bald wird es auch IO-Scanner am Markt geben, die mit Ultraschall funktionieren. Hier ist noch viel Luft nach oben. Für mich persön- lich jedoch steht nach wie vor im Vordergrund, dass der Patient sich in meiner Praxis wohlfühlt. Die Behandlungen sollen schmerzfrei sein und schnell gehen. Wenn ich erreicht habe, dass der Patient zufrieden meine Praxis verlässt, habe ich alles richtig gemacht. Sebastian Beisel • 1980 Geboren in Bad Friedrichshall • 1999 Abitur Hohenstaufengym- nasium Bad Wimpfen • 2000 Zahnärztliches Staatsexamen an der Universität Würzburg • 2005 – 2009 Weiterbildung zum Fachzahnarzt für Oralchirurgie in der Praxisklinik Dr. Kehrer/ Dr. Jeggle in Backnang • seit 2005 Zahlreiche Fortbildungen im Bereich Implantologie und Parodontologie • 2009 Promotion zum Dr. med.dent. • 2009 – 2012 Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Abteilung für Mund-, Kiefer- und plastische Gesichtschirurgie der Universitäts- klinik Würzburg • 2011 Fachzahnarzt für Oralchirurgie • seit 2010 Fortbildungsreferent im Bereich Implantologie an der der Universität Würzburg und für renommierte Implantatfirmen • 2011 Anerkennung zum Spezia- listen für Implantologie (Bund deutscher Oralchirurgen) • 02. 04. 2012 Niederlassung als Zahnarzt und Fachzahnarzt für Oralchirurgie in Bad Wimpfen

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