ddm Ausgabe 5 | 2017

ddm | Ausgabe 5 | 2017 30 Der besondere Fall Abrechnungshinweis: Handlungsempfehlungen bei unwilliger Erstattung der digitalen Volumentomographie (DVT) durch PKV Angelika Enderle Obwohl die Vorteile der DVT im zahnmedizinischen und kieferchirur- gischen Bereich unbestritten sind, ergeben sich im Rahmen der Erstat- tung für die Anwender immer wieder Probleme mit privaten Versiche- rungen. Mittlerweile gilt es als erwiesen, dass es mit den zurzeit verfügbaren Ein- stellvorrichtungen nicht gelingt, Panorama-Röntgenbilder herzustellen, die eine diagnostisch verwertbare metrische Analyse zulassen. Gelegentlich liefern diese zudem irreführende Informationen, da der genaue Abstand zu wichtigen Gewebedimensionen wie z. B. Nervlage, Sinusausdehnung oder Knochenstruktur nicht exakt berechenbar ist. Dennoch stellen private Kos- tenträger gelegentlich die korrekte Berechnung wie auch die medizinische Notwendigkeit einer DVT-Aufnahme kategorisch in Frage. Abrechnung der digitalen Volumentomographie Unstrittig ist die digitale Volumentomographie (DVT) weder in der Gebüh- renordnung für Zahnärzte (GOZ) noch in der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) beschrieben. Gemäß den Ausführungen der Bundesärztekammer (BÄK) unterscheidet sich eine digitale Volumentomographie (DVT) in ihrer technischen Beschaffenheit von einer Computertomografie derart, dass eine analoge Abrechnung befürwortetet wird: „Abrechnung der digitalen Volu- mentomographie analog Nr. 5370 GOÄ“ und „Abrechnung der an die digitale Volumentomographie anschließenden computergesteuerten Analyse mit einer 3-D-Rekonstruktion analog Nr. 5377 GOÄ“ (vgl. GOÄ-Ratgeber: Digitale Volumentomographie (DVT); Dtsch. Ärzteblatt, 2012). Nach Auffassung der Bundeszahnärztekammer (BZÄK) ist die DVT der Computertomographie (CT) zuzuordnen, sodass der Zahnarzt mit DVT-Fach- kunde-Nachweis und DVT-Gerät für die Anfertigung und Befundung einer DVT-Aufnahme die GOÄ-Nr. 5370 originär und für die anschließende com- putergesteuerte Analyse mit einer 3-D-Rekonstruktion den Zuschlag nach GOÄ-Nr. 5377 berechnet (vgl. Positionspapier „Digitale Volumentomografie“, Stand 09/2015). Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Nordrhein-Westfalen hat sich mit Beschluss vom 29.09.2010 (Az.: 6t E 1060/08.T) dahingehend geäußert, dass die DVT Darstellungsmöglichkeiten bietet, die mit einer Computertomo- graphie vergleichbar sind, ohne eine besondere Ausführungstechnik der Computertomographie zu sein. Damit komme nur eine Analogbewertung in Betracht. Das Amtsgericht (AG) München stellt mit Urteil vom 26.03.2010 (Az.: 173 C 31251/08) fest, dass speziell bei der dreidimensionalen digitalen Volumento- mographie der Zuschlag nach Ä5377 (hier: Datenübertragung mit SIM-Plant) zur visuellen Durchmusterung der Daten hinzukommen muss, da die Rohda- ten zumindest für den medizinischen Laien nicht wesentlich aufschlussrei- cher seien, als das OPG. In jedem Fall gilt, dass eine Trennung zwischen technischer Anfertigung einer DVT und ihrer Befundung aus gebührenrechtlicher Sicht und nach der Rönt- genverordnung nicht statthaft ist. Gleiches gilt für die anschließende com- putergesteuerte Analyse einschließlich speziell nachfolgender 3-D-Rekonst- ruktion nach der Zuschlagsziffer GOÄ 5377 – auch sie kann nur in Verbindung mit der GOÄ-Nr. 5370 angesetzt werden. Daher kann der mit der Auswertung einer Fremdaufnahme verbundene Aufwand nur bei denjenigen Leistungen berücksichtigt werden, in deren Zusammenhang diese Auswertung erfolgte. Stand die Auswertung z. B. im Zusammenhang mit einer eingehenden Unter- suchung, begründet der mit der Auswertung verbundene Aufwand einen erhöhten Steigerungssatz der Untersuchungsgebühr (GOZ‐Nr. 0010). Hier wäre ggf. auch an eine Vergütungsvereinbarung nach § 2 Abs. 1 u. 2 GOZ für die zu steigernde Leistung zu denken (vgl. ZÄK Berlin, 2015). TIPP: Ein Problem mit der Kostenerstattung könnte bei der Analogab- rechnung unter Umständen in den individuellen Versicherungs- bedingungen des Patienten bestehen. Sollte sich der Versiche- rungsschutz nur auf ärztliche und zahnärztliche Leistungen beziehen, die in der Gebührenordnung GOZ und GOÄ in der jeweils gültigen Fassung aufgeführt sind, erhält der Versicherte für Analogziffern in der Regel keine Erstattung. Gemäß § 5 Abs. 3 der GOÄ bemessen sich die Röntgenleistungen nach Abschnitt O der GOÄ nach dem Einfachen bis Zweieinhalbfachen des Gebüh- rensatzes. Die Regelspanne des Steigerungsfaktors liegt für die Röntgenleis- tungen nach GOÄ daher zwischen 1,0 und 1,8. Manche Kostenträger wollen oft nur den 1,0-fachen Satz erstatten. Als vorrangiges Argument wird dabei angeführt, dass die Anschaffungskosten für eine DVT deutlich unter den Anschaffungskosten für eine CT liegen würden. TIPP: Dieses Argument überzeugt aus zweierlei Gründen nicht. Zum einen besteht nach gängiger Rechtsprechung des BGH kein An- spruch auf die Abrechnung des Regelfaktors bzw. des 1,0-fachen Satzes (vgl. BGH, Urteil vom 08.11.2007, Az.: III ZR 54/07). Des Weiteren ist die Arztbindungszeit für die Untersuchung wie die Befundung von DVT und CT im Regelfall identisch, welches die wesentliche Berechnungsgrundlage für die Bestimmung des Arzt- honorars darstellt (vgl. Liebold/Raff/Wissing – „Kommentar zu BEMA und GOZ“, Stand: Juli 2017). Medizinische Notwendigkeit einer DVT – Urteile zur Diagnostik Obwohl im privaten Versicherungsvertragsrecht die Kosten für medizinisch notwendige Heilbehandlungen zu erstatten sind (§ 1 Abs. 2 MB/KK), solange nicht besondere Vereinbarungen im Tarif anderes regeln, stellen private Kost- enträger gelegentlich die medizinische Notwendigkeit in Frage. Auch wenn der Zahnarzt gemäß § 2c der Röntgenverordnung verpflichtet ist, jede unnötige Strahlenbelastung zu vermeiden und ansonsten jede Strahlen- exposition von Mensch und Umwelt unter Beachtung des Standes der Tech- nik und unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls auch unterhalb der Grenzwerte so gering wie möglich zu halten, so liegt es beim einzelnen Anwender, einen verantwortungsvollen Umgang und vor allem eine indika- tionsgerechte Anwendung der DVT in seiner Praxis zu etablieren. Ferner wird sich ein Behandler im Schadensfall von einem Gericht fragen lassen müssen, warum er vorab keine weiterführenden diagnostischen Maßnahmen ergrif- fen hat.

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