ddm Ausgabe 3 | 2019

ddm | Ausgabe 3 | 2019 3 Editorial Liebe Leser, kennen Sie die Internetabkürzung „TL;DR“? Sie steht für „too long: didn’t read“ – manchmal auch „too lazy; didn’t read” – und war das Motto der diesjährigen re:publica. Die Veranstaltung findet seit 2007 jährlich in Berlin statt und gilt als Europas größte Digitalkonferenz. Hier treffen sich Netzaktivis- ten, Blogger, Journalisten und übrigens nicht nur Nerds, um aktuelle Fragestellungen der digitalen Gesellschaft zu diskutieren. Das Motto erklären die Veranstalter so: „Wir widmen die re:publica 2019 der Langform, dem Kleingedruckten, den Fußnoten, der Kraft der Recherche, der Kraft der Kontro- verse und der Dringlichkeit, die Themen, die uns spalten (oder vereinen!) NICHT zu vereinfachen.“ TL;DR – das steht für die Ungeduld, für das Flüchtige, das Verkürzte im Netz. Die Programmmacher der Konferenz plädieren dafür, es doch mal mit dem Gegenteil zu probieren: Detailliert sein und genau hinschauen. Denn die Digitalisierung habe nur auf den ersten Blick alles leichter gemacht. Technik und Internet nutzen könne heute zwar quasi jeder. Aber es koste eben auch Mühe, zu verste- hen, was genau passiert, wenn man irgendwo auf "Jetzt registrieren" klickt. Und es ist anstrengend, jeden Beitrag vor dem Teilen zu Ende zu lesen und womöglich sogar auf seinen Wahrheitsgehalt hin zu prüfen. Wenn ich bloß daran denke, wie viele Fake-News mich schon von Freunden und Familie per What’s App erreicht haben … Und mal ehrlich, lesen Sie die AGB im Netz, bevor Sie auf „Zustimmen“ klicken? Gut erinnere ich mich auch an den irritierten Gesichtsausdruck der Dame an der Rezeption der Zahnarztpraxis, die ich neulich zum ersten Mal aufsuchte: Offensichtlich kommt es nicht häufig vor, dass jemand die Datenschutzerklärung lesen möchte, bevor er unterschreibt. Apropos Praxis, Medizin war natürlich auch ein Thema der re:publica. Denn hier basieren immer mehr Entscheidungen auf vollautomatisierten Prozessen im Hintergrund: Weil in Krankenhäusern Algorithmen Patienten überwachen, ihre Daten sammeln sowie analysieren und daraus Therapie- empfehlungen ableiten. Jenny Genzmer vom Deutschlandfunk Kultur sagte in ihrem Beitrag: „An der Behandlung von Patienten sind damit nicht nur Pfleger und Ärzte beteiligt. Mit der neuen Soft- ware kommen auch Entwickler, Rechtswissenschaftler, Unternehmen usw. ins Spiel, die medizinische Grenzwerte mitbestimmen und beeinflussen, nach welchen Parametern gefiltert wird. Die Frage, die sich hier also stellt, ist: Wer entscheidet überhaupt alles mit bei der Behandlung meines Körpers? Und was wollen wir an menschlicher Entscheidungsfähigkeit einer Software überlassen?“ OMG, ich hoffe, Ihr Fazit zur vorliegenden Ausgabe des digital dental magazin wird nicht TL;DR lauten! IMHO ist das Heft keineswegs OT und die Beiträge sind von im wahrsten Sinne des Wortes sinnvoller Länge. Ganz klar wenden sie sich aber auch nicht an den DAU, der bei jeder Service-Hot- line in die Kategorie RTFM gehört… B4N und GLG – Sie lesen ASAP wieder von uns – das wird dann mit der September-Ausgabe sein! Ihre P.S. SCNR EOM Mira Ross-Büttgen

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