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Der komplette Fall
Bereits 1984 beschrieben Gottlow et al., dass in Zusammenhangmit Implantatinsertionen und in
horizontaler Hinsicht fehlendem Knochenangebot unter dem Schutz von Membranen eine gute
knöcherne Regenerationbeobachtet wurde. Dagegen stellenbis heute vertikale Augmentationen
bei ausgedehntenDefekteneinegroßeHerausforderung für denOperateur dar. Die auf demMarkt
angebotenen Knochenersatzmaterialienunterscheiden sichnachdenHerstellungsmethodenoder
Ursprungsgeweben, was auchderenosteokonduktiveEigenschaftenbeeinflusst (Lorenz et al. 2014,
Ghanaati et al. 2013, Barbecket al. 2014).
Je nach Einsatz von Knochenersatzmaterial kann die körpereigene Knochenentnahme, zumindest
inBlockform, vermiedenwerden, Knochenspäne, diemittels feiner Schaber oder Bohrer gewonnen
werden, genügen. DamitwirdeineZweitentnahmeoperation für denPatientenvermiedenunddie-
ser nicht belastet. Der Einsatz von Knochenersatzmaterialien ist jedoch volumenmäßig limitiert, da
osteoinduktiveFähigkeiten fehlen. SoberichtenLorenzet al. 2016über die zusätzlicheVerwendung
von Platelet-Rich-Fibrin (PRF) als ein Konzentrat von autologemperipher-venösem Blut, das seinen
Einsatz inder FörderungderWundheilungundGeweberegenerationbei augmentativenVerfahren
findet.
Wir sind bei gleichem Ziel einen anderen Weg gegangen und haben die biologisch günstigen
EigenschaftenvonHyaluronsäure inunsereDienstegestellt.
Aufbau,WirkungsprinzipundEigenschaftenvonHyaluronsäure
Hyaluronsäure (SynonymHyaluronan) ist einphysiologischer, extrazellulärer, ubiquitärer Bestandteil
des Bindegewebes in der Mundschleimhaut und vor allem der Gingiva [Cortivo et al. 1986, Tammi
et al. 1990]. Der Nachweis vonHyaluronsäure im Ligamentumparodontaleunddemumgebenden
GewebedesParodontium zeigtderen strukturelleBedeutsamkeit [Schultz-Haudt et al. 1964, Bartold
et al. 1981 und Bartold et al. 1984]. Hyaluronsäure gehört zu denMukopolysacchariden undbefin-
det sich im Extrazellularraum als interstitielle Grundsubstanz. Hyaluronan ist ein simples Biopoly-
mer, bestehend aus D-Glukuronsäure (Uronsäure) und dem Aminozucker N-Acetyl-D-Glukosamin.
Über dieVerknüpfungder Zuckerringedurchβ-(1–3)- undβ-(1–4)-glykosidischeBindungen anden
oxygenierten Atomen, entstehen unverzweigte Disaccharideinheiten, welche zueinander um 180°
rotiert angeordnet sind [Scott et al. 1984, Scott et al. 1996]. DasGerüst derHyaluronsäurewirddabei
durch interneWasserstoffbrückenbindungen stabilisiert.
Das Wirkungsprinzip der Hyaluronsäure liegt unter anderem in den unterschiedlichen Formen
begründet, die diese annehmen kann. In wässriger Umgebung kommt es infolge einer sponta-
nen Aggregation der Hyaluronsäureketten (Sekundärstruktur) zur Entstehung dreidimensionaler
Maschennetzwerke (Tertiärstruktur) mit entsprechender Volumenzunahme. Zusammenmit ande-
renGlykosaminoglykanenbildet dieHyaluronsäureeinProteoglycangel, indas zelluläreundfibröse
Komponenten eingebettet sind [Bartold 1982]. Zellen mit spezifischen Bindungsstellen (CD44-
Rezeptoren) sind in der Lage, großeHyaluronsäurenetzwerke um sich zu verankern, wodurch eine
HülleausHyaluronsäureentstehen kann, die sogenannteHalo [Scott 1992)].
Hyaluronsäure besitzt eine regulierende Funktion bei der Organisation der extrazellulären Matrix
und ihrer Bestandteile [StamenkovicundAruffo1994].Dabei bildetdasHyaluronsäurenetzwerkeine
der Voraussetzungen für den Stoffaustausch und dient als Barriere gegen das Eindringen fremder
Substanzen. Aufgrunddes komprimiertenMaschennetzwerkes fungiert Hyaluronan als eineArt Fil-
ter („Siebeffekt“) und immobilisiert dadurchgrößere Partikel [Comper und Laurent 1978]. Durchdie
Bildung sogenannterprotektiverHalos könnenZellenvor lysosomalenAbbauprozessenundHydro-
xylradikalengeschütztwerden [Presti undScott1994].DieseperizellulärenHüllenausHyaluronsäure
dienen verschiedenen Zelltypen als Schutz vor äußeren viralen undbakteriellen Einflüssen [Patter-
sonet al. 1975, Laurent et al. 1992].
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